Prächtige Bedingungen ein Jahr vor dem Jubiläum

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Wenn ein Laufevent ein so überragendes Veranstaltungsgelände zur Verfügung hat wie der Würzburger Residenzlauf mit dem weitläufigen Residenzplatz, dann stellt dies schon ein eigenes Qualitätsmerkmal dar. 

Schließlich gehört das prächtige Gebäudeensemble zum Weltkulturerbe der Unesco und zählt zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten in ganz Franken. Wenn dann noch das Wetter mitspielt, dann sind die wichtigsten Bedingungen erfüllt, um aus einer Laufveranstaltung ein Stadtfest zu machen - für Sportler, für Zuschauer, für alle Bewohner.

Und das alles war bei der 29. Auflage 2017 gegeben, ein Jahr vor dem dreißigsten Jubiläum. Der Himmel erstrahlte in fast wolkenlosem Blau, die Sonne wärmte die Luft auf frühlingshafte Werte und das Publikum brachte die heiterste Stimmung mit. Kein Wunder also, dass alle Beteiligten, Einwohner wie Besucher, einen schönen Tag in der Mainmetropole verleben und das Orgateam der TG Würzburg und anderer helfender Vereine sehr zufrieden sein konnten.

Überaus positiv fiel dann auch das Fazit von Veranstaltungsleiter Reinhard Peter aus, nachdem der letzte von elf Läufen über die Bühne gegangen war. Es sei ein insgesamt sehr schöner Tag gewesen, gab er zu Protokoll, und er sei glücklich darüber, dass man für den Lauf der Asse "ein solch starkes Feld von regionalen und deutschen Topläufern" habe aufbieten können.

Einzig ein schwerer Unfall, der sich beim Rennen der Handbiker ereignet hatte, belaste ihn doch erheblich und trübe den Gesamteindruck. Ein Radfahrer hatte die mit Flatterband vorgenommene Absperrung ignorieren und die Strecke der Handbiker zu queren versucht. Dabei war er mit zwei Athleten aus Luxemburg kollidiert, die nicht mehr rechtzeitig bremsen konnten. Einer davon wurde nur leicht verletzt, wie die Main Post und der Mannheimer Morgen übereinstimmend in einem Nachbericht vermelden, und sei mit Schürfwunden davongekommen. Der zweite, der 44-jährige Joel Wagener, habe einen offenen Unterschenkelbruch erlitten und habe ins Krankenhaus verbracht werden müssen, wo er operiert wurde. Der Radfahrer sei durch die Luft geschleudert worden und müsse sich auch verletzt haben, hieß es aus Kreisen der Polizei. Der etwa 30 bis 35-jährige Mann sei nach nur kurzem Aufenthalt von der Unfallstelle geflüchtet. Mit Hilfe von Augenzeugen hoffe man nun darauf, den Mann zu ermitteln. Auch Ärzte wurden um erhöhte Aufmerksamkeit gebeten, sollte der Flüchtige sich behandeln lassen. Der Sachschaden wird auf ca. 15.000 Euro geschätzt.

Größter Kinderlauf

In erster Linie stellt der Würzburger Residenzlaufs eine Breitensportveranstaltung dar, auch wenn sich beim abschließenden "Lauf der Asse" und der Handbiker-Trophy Eliteathleten miteinander messen und für sportliche Glanzleistungen sorgen. Der Fokus liegt dabei vor allem darauf, den Nachwuchs an die Startlinie zu bringen, weshalb Moderator Artur Schmidt mehrmals auf den besonderen Stellenwert der Kinder- und Schulläufe für Würzburg hinwies und den Residenzlauf als größten Schülerlauf des Landes bezeichnete. In Jahren herausragender Beteiligung kann es bis zu 4000 Anmeldungen im Jugendbereich geben.

Hinter diesem Erfolg steht ein Konzept, das sich zur Nachahmung empfiehlt, denn bei einigen dieser Schülerläufe wird bewusst auf eine Zeitnahme verzichtet und auch keine Startnummer ausgegeben, so etwa bei den Kindergartenläufen und den Läufen der Schulen. Bei anderen Formaten, etwa dem Bambinilauf, kann man eine Zeitmessung wählen, muss dies aber nicht. Wettbewerb ist also möglich, steht aber nicht im Mittelpunkt. Eine weitere Alternative wird den jüngsten Jahrgängen geboten. So können sich die Kindergartenkinder in ihren Läufen L2a und L2b von ihren Eltern begleiten lassen, können aber auch darauf verzichten. Wer lieber ohne familiären Begleitschutz laufen möchte, der wählt den Schnupperlauf und darf alleine auf die Piste. Der Schnupperlauf, der die Laufveranstaltung gegen 10:30 Uhr eröffnet, bietet zudem eine Zeitmessung an.

Die starke Beteiligung der Schulen dürfte zudem auf eine komfortable Organisationsstruktur zurückzuführen sein. Denn auf dem Residenzplatz sind übersichtlich zahlreiche Parzellen ausgeschildert als Treffpunkt für Kindergärten, Klassen und Schulen. So sollte jeder wissen, wo er seine Kameraden findet, wo die eigenen Betreuer und Lehrer auf einen warten und von wo man sich gemeinsam zur Startlinie begibt. Wichtiger als vor dem Start sind diese Orientierungshilfen wohl nach dem Zieleinlauf, denn in dem allgemeinen Gewusel kann ein Kind seinen Eltern schon mal aus den Augen geraten. Zur Not steht eine weitere "familienzusammenführende" Maßnahme zur Verfügung, das Mikrophon. Dann werden fehlende Eltern auch schon mal vom Sprecher ausgerufen und an die Bühne beordert, wo ihre Kids vorübergehend von Helfern betreut werden.

"Keine Grenzen" und "Fit for Fun"

2017, das hatte sich schon im Vorfeld abgezeichnet, würde es bei den Schülerläufen einen Teilnehmerrückgang geben, nachdem die Zahlen in den letzten fünf, sechs Jahren immer weiter angestiegen waren. Verantwortlich dafür war das durch den 1. Mai verlängerte Wochenende, das viele Familien zu kurzen Ferienfahrten genutzt haben dürften. In weiser Voraussicht hatte Orgachef Reinhard Peter in seinem Grußwort in der Veranstaltungsbroschüre deshalb gemeint, dass "unser Augenmerk für 2017 nicht wieder auf irgendeiner Rekordjagd bei Anmeldezahlen oder Zeiten" liege, sondern "unser Streben nach Nachhaltigkeit", nach einem "fein abgestimmten Laufangebot für alle Altersklassen und jede Laufbegeisterung".

Ganz in diesem Sinne dürften zwei Läufe über zirka 2,5 beziehungsweise etwa 5,0km liegen, der "No-Limits-Lauf" und der "Fit-and-Fun-Jedermannslauf". Sie sollen Laufanfänger und Gesundheitsläufer verstärkt ansprechen, gehandicapte Sportler und Firmenläufer, aber auch Walker und Nordic Walker. Beide Rennen können wahlweise mit oder ohne Zeitnahme bestritten werden, wobei das Startgeld sich um die Leihgebühr des Chips erhöht, wenn man rubriziert werden möchte.

Bahnläufer dominiert

Beim Lauf ohne Grenzen nahmen gut zweihundert Läufer mit Zeitmessung teil, je etwa die Hälfte weiblich und männlich. Schnellste Frau war Simona Greier (WHK) vom SC Ostheim-Rhön in 9:09min (netto). Zwölf Sekunden länger brauchte die B-Jugendliche Silvia Kriege, die in 9:21min Silber gewann. Dritte wurde Sophie Dettweiler (W16) vom Team Annettes Kinderturnen in 9:27min. Bei den Männern hatte Noah Östreicher (M14) von der SG Hubertus in 8:32min die Nase vorn. Es folgten Dennis Seifert (M14) vom TSV Gerbrunn in 8:54min und David Scheller (M10) von der TG 1848 Würzburg in 9:08min.

Der Sieger des Jedermannslaufs, Rhys Bishop von der SV Ostheim Rhön, legte ein sehr flottes Tempo vor und kam zu einem klaren Start-Ziel-Sieg in guten 15:53min. Da die Strecke nicht genau 5 km lang ist, sondern etwa hundert Meter kürzer, ist die Zeit etwas zu relativieren. Der 21-Jährige kommt ursprünglich von der Bahn und nimmt nur dann an Straßenläufen teil, wenn sie nicht länger als 5km sind.

So will er in Kürze auch über diese Distanz in Aschaffenburg starten. Ihm habe der Lauf sehr viel Spaß gemacht, sagte er. Die Steigungen hätten ihm nicht so viel ausgemacht, da schon eher der Wind. In der zweiten Runde hatte er zudem viele Überrundungen zu bewältigen.

Um Platz zwei gab es einen interessanten Zweikampf. Der 18jährige Esseyas Hadush aus Eritrea war mit dem erfahrenen Manuel Fößel (M30) vom TV Ochsenfurt lange auf einer Höhe gelaufen, suchte aber dreihundert Meter vor dem Ziel auf dem abschüssigen Rennweg die Entscheidung. Mit Hilfe eines Laufkameraden, der sich plötzlich in das Läuferfeld einbrachte, versuchte er davonzukommen. Doch Fößel hatte das stärkere Finish, so dass er zweiter wurde in 16:38min vor Hadush in 16:42min.

Bei den Frauen lautete die Reihenfolge Delia Schmitt (WHK, jungmediziner.de) in 19:46 vor Gabriele Kelling (W50, LAV Halensia) in 21:03min und Alexandra Kitzenmaier (WHK, SC Heuchelhof) in 21:47min. Über 500 Läuferinnen und Läufer hatten das Rennen mit Zeitnahme "gebucht".

Teilnehmerstarker Hauptlauf

Nicht der schnellste Lauf des Tages wird in Würzburg zum Hauptlauf erkoren (das wäre natürlich der "Lauf der Asse"), sondern der größte. Und das ist fraglos der Lauf über vier Residenzrunden, für den sich über siebzehnhundert Läufer angemeldet hatten. Auch dieser Lauf lässt die Wahl, ob man eine Zeitmessung möchte oder nicht, aber hier sind es im Gegensatz zu den Kurzstrecken eher wenige, die verzichten. Der Zehner ist gleichzeitig der einzige DLV-vermessene Lauf der Veranstaltung und damit bestenlistenfähig (neben dem Lauf der Asse, der auf gleicher Strecke ausgetragen wird). Eine Besonderheit weist der Hauptlauf von daher auf, weil er in gewisser Weise mit dem Lauf der Asse verknüpft ist. Hier sollen nämlich nur Männer starten, die voraussichtlich nicht unter 37 Minuten laufen werden bzw. Frauen, die nicht unter 43 Minuten bleiben werden.

Solche, die schneller sein werden, möchte der Veranstalter lieber beim Lauf der Asse angemeldet sehen, damit nicht irgendwelche Eliterunner hier antreten und den ambitionierten "Normalos" die Schau stehlen. Um das zu erreichen, wird schon in der Ankündigung klargestellt, dass Läufer, die schneller als 37 bzw. 43 Minuten laufen, zwar gewertet werden, aber keinen Anspruch auf etwaige Preisgelder haben. Andersherum müssen diejenigen, die sich beim Lauf der Asse anmelden wollen, eine Bestzeit von mindestens 39 bzw. 45 Minuten nachweisen.

Um auf die exakte Streckenlänge zu kommen, wird der Start etwas zurückversetzt, so dass man schon nach hundert Metern erstmals das Ziel passiert. Die Strecke führt zunächst am Oeggtor und Residenzplatz vorbei Richtung Süden. Über die Ottostraße erreichen die Läufer den städtischen Parkgürtel und den Sanderweg. Hier lassen sie das Universitätsgebäude rechts liegen. Von da an sind mehrere kleine Steigungen auf dem Friedrich-Ebert-Weg zu bewältigen. Die letzten vierhundert Meter verlaufen dann nur noch abwärts auf dem Rennweg. Zusammengenommen dürfte die Strecke 80 bis 90 Höhenmeter aufweisen, keine Kleinigkeit für eine ausgewiesen sehr schnelle Strecke, aber auch nicht so hart, wie es der deutsche Spitzenläufer Hendrik Pfeiffer empfand, der von einer der "brutalsten Zehner" sprach, die ihm bekannt sei und an der man charakterlich wachsen könne.

Sieg mit angezogener Handbremse?

Um es vorweg zu nehmen: beim diesjährigen Hauptlauf lief niemand schneller als das angegebene Limit, womit die Besten regelkonform preiswürdig waren. Bei den Männern ging der Sieg an den 37-jährigen Nico Jahreis von der SC Sparkasse Hochfranken in punktgenauen 37:09min. Jahreis konnte in seiner langen Karriere schon viele Erfolge über alle gängigen Streckenformate feiern, darunter auch Siege bei Landesmeisterschaften. Insgesamt gehen schon über hundert Gewinne bei Volks- und Straßenläufen auf sein Konto.

Seine schon etwas veraltete Bestzeit über 10 km lautet auf gut 33 Minuten (aus 2012). Auf Rang zwei lief Rainer Deifel von Spiridon Frankfurt, dem größten Laufverein Deutschlands, wie Moderator Schmidt zu berichten wusste. Deifel benötigte 37:23min und lag damit netto nur eine Sekunde vor dem aus Eritrea stammenden Filimon Yacob, der für die TG Schweinfurt startet und 37:24 brauchte. (Alle hier angegebenen Werte sind Nettozeiten, nach denen in Würzburg die Reihenfolge bestimmt wird - außer beim Lauf der Asse.)

Beim Lauf der Frauen hatte die 31-jährige Gudrun Sander (Universität, Rudolf-Virchow-Zentrum) das genaueste Timing. Sie siegte in der Zeit von 43:12min. Julia Neubert (U20), für einen der Hauptsponsor (Decathlon Würzburg) startend, kam nach 43:45min ins Ziel, gefolgt von Julia Kessler (W35) vom SV Herschfeld, die 43:45min brauchte.

Handbike Trophy

Zum dritten Mal stand beim Residenzlauf ein Rennen der Handbiker auf dem Programm, zum ersten Mal machte die sogenannte Handbiker Trophy Station in der Mainmetropole. Diese hatte ihren Start vor einer Woche in Hamburg und wird weitere Termin in Duisburg, Heidelberg und Berlin haben, also mit Ausnahme des reinen Rollstuhlmarathons in Heidelberg innerhalb großer Citymarathons. Würzburg ist somit in der Serie eine Ausnahme und mit einer Streckenlänge von nur zwanzig Kilometern deutlich kürzer. Die Handbiker starten in umgekehrter Richtung der Läufer und haben die langgezogene Steigung am Anfang. In dem Augenblick, in dem der (oder die) erste Fahrer(in) das Ziel nach acht Runden erreicht hat, wird das Rennen für alle übrigen Teilnehmer abgewunken. Diese können allerdings ihre angefangene Runde noch zu Ende fahren.

Für die drei teilnehmenden Frauen bedeutete dieses Verfahren, dass keine von ihnen über die volle Distanz kam, denn mit dem Zieleinlauf von Favorit Vico Merklein war auch für sie Schluss. Zur großen Freude der Würzburger Zuschauer konnte Lokalmatadorin Nadia Schumacher ihren Sieg aus 2016 in Abwesenheit der starken Katrin Möller wiederholen und nach sechs Runden in 32:57min gewinnen. Je fünf Runden konnten Kerstin Abele (32:46min) und Annett Zenker-Urban (33:22min) vollenden und Platz zwei und drei sichern. Die Siegerin befand, die Bedingungen seien optimal gewesen, trotz des Windes. Es sei sehr gut gelaufen für sie.

Bei den Männern entwickelte sich von Beginn an ein Dreikampf zwischen Paralympics-Goldmedaillengewinner Vico Merklein, Olaf Heine und Drazen Boric. Dicht an dicht im Windschatten fahrend, blieben sie bis zur sechsten Runde zusammen. Dann attackierte Merklein am Berg und setzte sich scheinbar spielend von seinen beiden Widersachern ab. Er entwickelte dabei so viel Speed, dass er sogar das Führungsauto überholte, das die erhöhte Geschwindigkeit zunächst gar nicht mitbekommen hatte. Merklein beendet das Rennen als klarer Sieger in 32:53min mit mehr als einer Minute Vorsprung und meinte, dass man bei 120 Höhenmetern keine Bestzeit erwarten könne. Er fahre aber jeden Berg gerne hinauf, um anschließend rasant wieder hinunterzufahren. Ihm habe die Strecke sehr viel Spaß gemacht. Heine sicherte sich im Sog von Merklein Platz zwei in 34:04min vor Boric in 34:42min. Die Männer auf dem Treppchen waren zugleich die einzigen drei Fahrer, die über die volle Distanz kamen. Schon der vierte, Lars Hoffmann, wurde nach sieben Runden herausgewunken.

Liebäugeln mit dem Streckenrekord: die Asse

101 Läuferinnen und Läufer waren für den abschließenden Lauf der Asse gemeldet, das größte Elitefeld der Historie. Angetreten und ins Ziel gekommen sind letztlich achtzig Starter, davon 28 Frauen. Die Besetzung bei einem der schnellsten 10-km-Läufe der Republik - schon oft das schnellste Rennen - versprach einiges und weckte zarte Hoffnung vielleicht sogar auf einen neuen Streckenrekord. Hierfür kam in erster Linie der zweiundzwanzigjährige Kenianer Benard Kimeli in Frage, der vor zwei Wochen beim Paderborner Osterlauf eine Weltjahresbestzeit in 27:18min aufgestellt hatte. Um den Streckenrekord in Würzburg zu knacken, hätte er unter 27:33 Minuten laufen müssen, denn das ist der Wert, den der Kenianer Leonard Komon 2011 aufgestellt hatte. Weniger realistisch hingegen war, dass eine der schnellen Frauen auch am Streckenrekord (31:16min, Margret Wangari, Kenia 2014) würde kratzen können. Die verpflichteten Ostafrikanerinnen waren vielleicht nicht alleroberste Kategorie, und der aus Äthiopien stammenden Deutschen Fate Tola dürfte noch der Hannover Marathon von vor vier Wochen in den Knochen stecken, wo sie klar siegte.

Als der Lauf der Asse um 16:30 Uhr gestartet wurde, zeigte das Quecksilber rund zwanzig Grad Celsius an, ideal für gute Leistungen über zehn Kilometer, zumal die Strecke viel Schatten bietet. Weniger ideal hingegen war der recht kräftige und böige Wind, der insbesondere auf dem freien Areal des Residenzplatzes spürbar wurde. Schon am Mittag war er derart aufgefrischt, dass man die Ergebnislisten nicht mehr weiter aufhängen konnten, da sie vom Wind fortgerissen wurden. Jetzt, am Nachmittag, war er vielleicht noch heftiger.

Kimeli mit Brustschmerzen

All das dürfte den Favorit Kimeli, der am Tag zuvor mit dem Bus aus Prag angereist war, wenig gestört haben, hatte er bei seinem Husarenstück in Paderborn noch mit ganz anderen Witterungsbedingungen (Kälte, Regen) fertigwerden müssen. Von dort wusste er auch, wie es sich anfühlt, wenn man alleine vorneweg läuft, ohne Pacemaker, und nur gegen die Uhr. Ein gleicher Rennverlauf entwickelte sich für den Mann, der sich erstmals für drei Wochen in Europa aufhält und für den Rennstall RunCzech in Prag läuft, auch in Würzburg. Schon nach der ersten von vier Runden hatte er sich einen Vorsprung von acht und mehr Sekunden vor der Konkurrenz gesichert, der stetig bis auf fünfzig Sekunden weiter anwuchs. Nach 5,1 km schien eine Zeit von unter 28 Minuten noch möglich, denn die Zwischenzeit lag bei 13:59min.

Hinten heraus aber wurde Kimeli etwas langsamer, vielleicht, weil er wusste, dass sein Sieg nicht mehr zu gefährden war, vielleicht, weil er nicht ganz ans Limit gehen wollte, da er sich zwischenzeitlich seines Wertes aufgrund vieler Angebote, die er seit Paderborn erhalten hatte, bewusst war und mit den Kräften haushielt. Vielleicht auch, weil starke Konkurrenz fehlte oder einfach, weil nicht mehr drin war. Kimeli selbst, der in Kenia als Wildhüter arbeitet, wie er wissen ließ, gab folgenden Kommentar ab: Der Wind habe ihm gewaltig zugesetzt, auch die leichten Steigungen verlangten einiges ab, und nach acht Kilometern habe ihn die Brust zu schmerzen begonnen. So wurde es zwar nichts mit einem neuen Streckenrekord, aber mit einem sicheren Sieg in sehr guten 28:14min. Nun will Kimeli sich über 10.000 Meter für sein Nationalteam qualifizieren und im Sommer wieder nach Europa kommen, wo er jetzt zwei Siege in zwei Rennen stehen hat.

Auf Rang zwei und drei landeten Landsmänner von Kimeli, die schon in Paderborn auf dem Treppchen gestanden hatten, nur in umgekehrter Reihenfolge (Athletenmanager war hier wie dort Christoph Kopp.). Diesmal lief Emmanuel Kiprono in 29:03min auf Rang zwei, gefolgt von Benard Kipkemoi in 29:24min. Wie Sieger Kimeli waren auch Kiprono und Kipkemoi in Paderborn deutlich schneller gewesen. Die ersten zehn Plätze in Würzburg gingen an Afrikaner oder an aus Afrika stammende, aber für europäische Länder startende Läufer. Darunter auch der Paderborner Halbmarathonsieger Patrick Kimeli (Rang 5, 29:26min).

Erst auf den Plätze elf bis dreizehn finden sich deutsche Laufasse im Tableau, die sich im Rennen einen beherzten Dreikampf lieferten. Hendrik Pfeiffer vom TV Wattenscheid konnte sich dabei in 30:17min gegen Fabian Clarkson, den deutschen Crossvizemeister vom SCC Berlin (30:23min), und den aktuellen deutschen Halbmarathonmeister von Hannover, Philipp Baar (ART Düsseldorf, 30:45min), dem er dort noch unterlegen war, durchsetzen. Baar hatte bis in die letzte Runde hinein noch das deutsche Trio angeführt, dann aber eine Schwächeperiode erlebt. Pfeiffer hingegen hatte sich die Kräfte besser eingeteilt und war wie Clarkson noch an Baar vorbeigegangen. Von einer gelungenen Revanche für Hannover wollte Pfeiffer allerdings nicht sprechen.

Fate Tola eine Klasse für sich

Einen sichtlich entspannten Eindruck während der Würzburger Tage machte Fate Tola, die bekanntlich eingebürgert und für Deutschland international startberechtigt ist. Die Athletin der LG Braunschweig war mit ihrem Mann und Trainer, Musa Roba-Kinkal, dem ehemaligen Eliteläufer, sowie Töchterchen angereist und ging ganz relaxed ins Rennen, nachdem sie die Belastung in Hannover abgeworfen hatte, die Qualifikation für die Marathon-WM in London noch erbringen zu müssen. Sie sei die ersten beiden Runden locker angelaufen, gab sie zu Protokoll, und habe dann angegriffen. Vor der WM wollte sie noch einmal etwas Schnelles laufen, nachdem sie nur für den Marathon trainiert habe. Sie sei mit dem Lauf zufrieden.

Tola sorgte zwölf Jahre nach dem Erfolg von Sabrina Mockenhaupt erstmals wieder für einen deutschen Sieg. Sie gewann in 32:47min klar vor den beiden Ostafrikanerinnen Eunice Mumbua Kioko aus Kenia in 33:52min und Helen Bekele Tola aus Äthiopien in 34:07min. Weitere fünf Kenianerinnen und eine Slowenin folgten. Als 11. und 12. beendeten Victoria Brandt vom SCC Berlin (35:52min) und Astrid Hartenstein vom SCDHFK Leipzig (36:01min) das Rennen.

Fazit

Mit einer tadellosen Organisation, tollen sportlichen Leistungen, einer großen Teilnehmerzahl und einigen tausend Besuchern hat der Würzburger Residenzlauf seine Sonderstellung unter den herausragenden Laufveranstaltungen in Deutschland bestätigt, neben Celle, Paderborn, Korchenbroich und einer Handvoll anderer Events jenseits der großen Citymarathons. Man ist damit bestens gerüstet für das Jubiläumsjahr 2018, das dem Residenzlauf sicher noch einmal einen gehörigen Schub nach vorne geben wird.

Text: Michael Schardt (LaufReport.de)

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